Eindrucksvolle Darstellung dessen, was Geld aus Menschen macht!
Theateraufführung „Besuch der alten Dame“ von Dürrenmatt
„Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“ – Dieses Zitat stammt zwar von Oscar Wilde, es könnte aber ohne weiteres auch der Hauptperson Claire Zachanassian in den Mund gelegt werden. Diese kehrt als alte Dame in ihre Heimat zurück, um dort den Bürgern ein unmoralisches Angebot zu machen. Sie verspricht den verarmten Güllenern unermesslichen Reichtum, doch dafür muss ihre einstige Jugendliebe Alfred Ill, der sie einst schwanger sitzen ließ, sterben. Zusammen mit ihrem skurrilen Gefolge und wechselnden Gatten wartet sie in Güllen ab, während dort die Dinge von ganz allein ihren Lauf nehmen. Immer mehr verschulden sich die Bürger, den baldigen Reichtum vor Augen, bis es nur noch einen Weg aus der Schuldenfalle gibt: Ills Tod.
Die Theater-AG um Frau Sonja Reichert widmet sich mit der Frage, was man für Geld alles tut, einem Thema, das aktueller kaum sein könnte. So dreht sich nicht nur in Griechenland seit Wochen alles nur noch ums Geld, auch in den ehrwürdigen Hallen der FIFA spukt der Geist der Korruption. Mit viel Witz gelingt es den Darstellern dieses schwierige Thema amüsant zu präsentieren. Schon in der Eingangsszene darf man erleben, worum sich bei den Güllenern inzwischen alles dreht, wenn die vier Bürger (Kim Salzer, Anna Stitz, Vivien Stier und Annika Brand) das Vorüberfahren der jeweiligen Züge ankündigen. Von links nach rechts drehen sie dabei zeitgleich ihre Köpfe, als würden sie dem vorbeirauschenden Zug mit den Augen folgen. Als kurze Zeit später ein Zug anhält, gerät alles in hellen Aufruhr: die Güllener samt Pfarrer(Cedric Carle) bereiten eiligst den Empfang für Claire Zachanassian(Emma Wins) vor. Auch der Polizist(Sarah Lüllig), der Arzt(Luca Beyer) und Ills Frau (Annika Noz), seine Tochter (Anja Tran), sein Sohn und die Enkelin(Sina Turchini) versuchen sich beim Empfang der Multimillionärin in Szene zu setzen. Als diese schließlich erscheint, kommt sie nicht alleine, sondern mit ihrem Butler Boby(Lisan Arle), den „dicken Männern“ Koby & Loby(Silva Ankenbrand und Kira Uehleke) sowie ihrem Gatten(Jonas Dettmann). Und schon nimmt das Unheil seinen Lauf…
Neben Chris Lichtenberg, der brillant den zwischen Empörung und Resignation schwankenden Alfred Ill darstellt, hatte vor allem auch Emma Wins eine geraume Menge an Text zu bewältigen. Dabei spielt sie überzeugend die kaltherzige Millionärin mit regungsloser Miene, frei von Gewissen und Mitleid.
Im bizarren Gefolge fallen eigentlich alle auf: Lisann Arle, die mit Kontenance die Rolle des Butlers einnimmt. Die urkomisch mit den Bäuchen kugelnden „dicken Männer“ mit den Fistelstimmen überzeugen durch die komische Darstellung. Jonas Dettmann durfte gleich 3 Gatten zum besten geben, die alle gleichermaßen ihre Marotten haben.
Aber auch die anderen Darsteller zogen das Publikum durch unvergleichliche Aktionen in ihren Bann: das engagierte Dirigat des Lehrers (Timo Schumm), die selbstvertonte Autofahrt des Sohns (Konstantinos Sotirellis) und das berechnende Kalkül der Bürgermeisterin (Nicola Schach), die darüberhinaus auch viel Text lernen musste und dies bravourös meisterte.
Rückhalt gab den Schauspielern Julia Schneider, die als Souffleuse dann bereit stand, wenn es einmal nicht weiter ging.
Alles in allem muss man der Theater-AG einmal mehr tiefen Respekt und große Bewunderung für die von ihnen erbrachte Leistung zollen. Auch die Kostümierung, das Bühnenbild und die Maske waren wie immer sehr gut gelungen.
Hier kommen noch Bilder hin.